Neues Versicherungsvertragsgesetz bringt ab 2008 Vorteile für Verbraucher

Mit dem kommenden Jahreswechsel steht der Versicherungswirtschaft ein grundlegender Wandel ins Haus: „Die Reform des mehr als hundert Jahre alten Versicherungsvertragsgesetzes, in Kurzform ‚VVG‘, bringt Verbrauchern eine Reihe von Vorteilen, für die wir lange gekämpft haben“, sagt die Vorstandsvorsitzende des Bundes der Versicherten (BdV), Lilo Blunck. Das hat bereits jetzt schon Auswirkungen auf das übernächste Jahr (2009).

 

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Ab 1. Januar 2008 gibt es prinzipiell keinen Versicherungsvertrag mehr, dem nicht eine Beratung einschließlich Dokumentation vorangegangen wäre. Und bevor der Antrag unterschrieben wird, müssen beim Verbraucher sämtliche Informationen inklusive Versicherungsbedingungen auf dem Tisch liegen. Lilo Blunck: „Damit muss niemand mehr wie in der Vergangenheit blind unterschreiben.“ Es gibt davon nur wenige Ausnahmen, etwa wenn ein Vertrag im Fernabsatz über das Internet abgeschlossen wird oder wenn der Versicherungskunde ausdrücklich auf die Beratung verzichtet.

Eine der ganz wesentlichen Neuerungen zugunsten des Verbrauchers ist die Streichung des „Alles-oder-nichts-Prinzips“: Wenn er vertragliche Pflichten grob fahrlässig verletzt hat, geht er im Gegensatz zu früher nicht mehr leer aus. Die Leistungen werden lediglich nach der Schwere seines Verschuldens gekürzt. Lilo Blunck: „Wir werden sorgfältig beobachten, welche Maßstäbe die Versicherungswirtschaft dabei anlegen wird.“

Für die Lebensversicherung erhält der Interessent ab 1. Januar 2008 eine Modellrechnung über garantierte und prognostizierte Leistungen. Zur besseren Übersicht wird ihm diese Rechnung mit drei verschiedenen, realistischen Zinssätzen präsentiert. Zusätzlich erfährt der Verbraucher ab 1. Juli 2008 vor Antragsunterschrift die kalkulierten Abschluss- und Vertriebskosten.

„Mit besonderer Freude sieht der BdV die Veränderungen bei den Rückkaufswerten und Überschussbeteiligungen bei Lebensversicherungen“, betont BdV-Chefin Blunck. Denn nach dem neuen VVG fällt der Rückkaufswert bei Kündigung in den ersten Jahren höher als früher aus. Grund: Die Abschlusskosten müssen nun auf die ersten fünf Jahre verteilt werden. Der BdV nimmt das mit Genugtuung zur Kenntnis, weil er sich über viele Jahre dafür eingesetzt und 2005 ein entsprechendes Urteil beim Bundesgerichtshof für seine Mitglieder initiiert hat.

Doch Wermutstropfen bleiben: Nach Auffassung des Bundes der Versicherten hat der Gesetzgeber die Chance verpasst, die Vergleichbarkeit der kapitalbildenden Versicherungen mit anderen Anlageformen herzustellen. Ebenso wurde versäumt, die Verteilung der Abschlusskosten auf die gesamte Laufzeit festzulegen. Lilo Blunck: „Wäre das so, käme der Versicherte mit seinen Zahlungen nämlich rascher in die Sparphase und würde bei früher Kündigung mehr zurückbekommen.“

Auch dafür hat der BdV gestritten und zwar 2005 vor dem Bundesverfassungsgericht, jetzt steht es im Gesetz: Der Versicherungsnehmer hat Anspruch auf Beteiligung an den „Stillen Reserven“ (Überschussbeteiligung). Bei Beendigung des Vertrages muss ihm die Hälfte ausbezahlt werden; die andere Hälfte bleibt dem Unternehmen.

Für Verträge, die vor 2008 abgeschlossen worden sind, gilt das neue VVG erst ab 1. Januar 2009. Das trifft beispielsweise für die Besserstellung bei „grober Fahrlässigkeit“ zu. Von der Regelung zur Überschussbeteiligung können bestehende Verträge schon ab Jahreswechsel für die restliche Laufzeit profitieren. Sehr ärgerlich, aber das Bundesjustizministerium hat es bestätigt: Die Berechnung des Rückkaufswertes nach dem neuen VVG greift für die bis 2007 abgeschlossenen Policen gar nicht.

Lilo Blunck: „Erfreulich, dass sich einige Versicherer bereits 2007 für die bestehenden und neuen Verträge die verbrauchergerechteren Regelungen des VVG vor Inkrafttreten zu Eigen gemacht haben. Es wäre schön, wenn sich alle anderen auch noch dazu entschlössen.“

V.i.S.d.P.: Lilo Blunck.

Henstedt-Ulzburg, 20.12.2007